Murphy’s Law ist mächtig und hat natürlich auch mal wieder bei mir zugeschlagen: Mein Codec (manche nennen das Gerät auch Ton- bzw. Audio- „Anschaltgerät“) hat seinen Geist in Teilen aufgegeben. Für alle, die nicht wissen was das ist: Ein Codec stellt bei uns Hörfunkern eine Audioleitung von Studio zu Studio über ISDN in bester Qualität (aka in Studioqualität) her und ist für Live-Gespräche unabdingbar (es sei denn man macht es wie einige Sender und setzt konsequent auf ohrenfeindliche Telefongespräche im Radio). Manche der Geräte können auch G711 – das ist das, was unser aller Telefone im Moment noch sprechen. Damit kann man dann schön Telefoninterviews aufzeichnen – sei es zur Recherche oder – wenn in anderer als der deutschen Sprache – auch zur O-Ton-Gewinnung. Genau das wollte ich am Wochenende machen. Nur leider erahnte mich der Gesprächspartner nur in grausamst verrauschter Qualität fern am anderen Ende der Leitung. Ein Test meines Codecs mit einem Kollegen in Köln zeigte dann, dass auch die anderen Modi in Mitleidenschaft gezogen wurden und die Geräte sich nicht einmal mehr vernünftig synchronisierten. Nun werde ich das Gerät noch mit dem Codec-Spezi aus dem Berliner Funkhaus checken. Schuld könnte schließlich auch die ISDN-Leitung sein, auch wenn das recht unwahrscheinlich ist.
Wäre der Ausfall in ein, zwei Jahren passiert, wäre es wohl nicht so schlimm gewesen. Denn ISDN steht eh kurz vor der Abschaltung und IP-Codecs sind wohl die (unverschämt teure) Zukunft. Nun musste allerdings kurzfristig eine Lösung für die Aufzeichnung von Telefoninterviews her. Dazu habe ich, bevor ich den Codec hatte, ein IP-Telefon genutzt, dessen Signal ich in die Studiotechnik umgeleitet habe. Das funktioniert auch heute noch ganz passabel, rauscht aber zu sehr. Man gewöhnt sich eben an hochwertige Studiotechnik … Mit dem Rauschen wollte ich mich nicht abfinden und habe nach Alternativen gesucht (und in Form von XMeeting gefunden). Eigentlich war ich aber auf der Suche nach einem Software-Codec auf Basis von Linux oder Mac OS X, aber dahingehend sieht es aktuell noch echt mau aus. Was es (grundsätzlich) in Sachen Audio over IP (AoIP) gibt, stammt in Sachen Rundfunk von den üblichen Verdächtigen und ist wie die Hardware-Lösungen unverschämt teuer (zumindest für freiberufliche Einzelkämpfer wie mich).
Deswegen hier der Aufruf an alle, die das lesen: Liebe Rundfunker, Hörfunker, Server- und Streamingspezialisten, liebe Programmierer, Informatiker und Entwickler (alle natürlich beiderlei Geschlechts!). Wir vom Hörfunk könnten eine tolle Lösung gebrauchen. Bitte Open Source für Mac OS X, Linux und auch Windows. Ich denke da an eine Server-Client-Infrastruktur. Können sollte sie bidirektionales Streaming mit Laufzeit-Garantie (daher: die Übertragung muss sehr verlässlich eine sehr geringe Latenz aufweisen). Die Lösung sollte außerdem folgende Modi unterstützen: MPEG 1 Layer II, MPEG 2 Layer II, MPEG 1 Layer II, AAC, AAC+, OPUS, G711, G722. Das Ganze kann ich mir wie einen VoIP-Client vorstellen. Gerne auch mit der Möglichkeit, die Streams direkt aufzuzeichnen.
Hat irgendwer Lust und das Können, mir (und vielen anderen Hörfunkern) bei dem Vorhaben zu helfen? Welche rechtlichen Probleme gibt es, wenn wir Open-Source-Implementationen wie LAME benutzen? Macht es Sinn, XMeeting als Basis zu nutzen? Das Programm ist BSD-lizensiert und macht einen guten Eindruck.
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